Das geplante und anhaltend umstrittene Zentrum gegen Vertreibung unterliegt, entgegen den Intentionen des Parlaments, der Gefahr, als Instrument der Anklage missverstanden zu werden. Dieser Missdeutung, die auch in Polen und Tschechien sehr bald laut geworden ist, sollte begegnet werden. Geht es hier wirklich nur um das Recht auf eine Klagemauer, um Verständnis und Versöhnung, oder…
Daniela Dahn
Die müden Empörer – Freitag Nr. 44, 29.10.09
Vom revolutionären Schwung zum restaurativen Schwank Wie der Wandel immer wieder verhindert wird So wie wir heute demonstrieren, werden wir morgen leben. Eine weitsichtige Reaktion auf den schwarz-gelben Koalitionsvertrag? Weit gefehlt. Derart souveräne Einsichten bedürfen einer Gesellschaft in Bewegung, eines politisierten Volkes, das seine Ohnmacht abgeschüttelt hat. Dieses Glücksgefühl war im Herbst 89 nicht vom…
Erfolgsgeschichte oder Desaster? – Freitag 5.10.2010
Immer noch besteht das Grundmissverständnis zwischen Ost und West darin, dass eine Seite denkt, sie gibt ihr Letztes, während die andere meint, man nähme ihr das Letzte Das Stück ist von so vorhersehbarer Dramaturgie, dass man ermüdet: Die einen, besonders die Verantwortlichen, erzählen die ökonomische Bilanz der Einheit als Erfolgsgeschichte, mit nur kleinen Schlaglöchern. Die…
Mit 90 unersetzlich: Egon Bahr – Ossietzky 7/2012
Auf sehr direkte Nachfrage hat Egon Bahr mir unlängst bestätigt, daß er die monatelangen Verhandlungen in Moskau Anfang der 1970er Jahre weitgehend autonom geführt hat – Willy Brandt hatte ihm vertrauensvoll freie Hand gelassen. Richtschnur war Brandts Überzeugung: »Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.« Insofern handelte er im aphoristisch formulierten Auftrag,…
Homme entre trois ages? Harry Rowohlt zum 60. in: Der Große Bär und seine Gestirne, Zürich, März 2005
Homme entre trois ages? Ja, große Ereignisse werfen ihre Schatten hinterher. Manchmal Schlagschatten. Manchmal nur den Schatten eines Schattens. Es muss 1988 gewesen sein. Heute denkt man gleich an Endzeitstimmung, DDR, Wohl-fahrtsstaat, Jahrhundert und so. Aber nein, soviel Anfang war nie. Ein Brief von Rowohlt? Wieso das, dachte ich als ahnungslose, frischgebackene oder frischgedruckte Luchterhand-Autorin.…
Keine Pressefreiheit, nirgends – Freitag 7 vom 17.2.2006, Seite 1
Haben wir unsere Lektion gelernt? Auch der Westen hat noch ein gutes Stück Aufklärung vor sich Die tapfere Verteidigung der Pressefreiheit gegenüber dem Islam hat etwas Bizarres. Wie wacker doch hierzulande westliche Werte hochgehalten werden. Die Äußerungsfreiheit ist offenbar etwas Identitätstiftendes, ein heiliges Gut, dass man über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg nicht antasten lässt. Einmal Aufklärung…
Hier schreibe ich und kann nicht anders. Zur Debatte um Günter Grass – Freitag 34, 25.08.2006
Hier schreibe ich und kann nicht anders GÜNTER GRASS – Zur Debatte um Günter Grass Banausen glauben, große Leistungen in Kultur und Wissenschaft können nur von großen Menschen vollbracht werden. Weshalb sich diese für so etwas Göttliches wie eine moralische Instanz eignen müssten. Erst heben sie den Auserwählten auf den Sockel, so dass dieser Mühe…